Ende Januar 1973 … Spitzenspiel gegen Darmstadt 98 im Olympiastadion. Auszug aus dem 6.Moment meiner „Sechzig Momente“. 60. (!!!) Minute.
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Hanjo Weller spielte aus halblinker Position aus der eigenen Spielhälfte ansatzlos einen zentimetergenauen 40-Meter-Pass auf unseren rechten Flügel, der – wie konnte es auch anders sein – vom Metzger Schorsch beackert wurde. Dieser wiederum nahm diesen Traumpass des früheren Hannoveraners Weller nicht etwa an, um zu einem seiner gelegentlich erfolgreichen Dribblings anzusetzen, sondern … flankte den butterweich von Weller gespielten Pass mindestens ebenso butterweich und noch dazu aus vollem Lauf volley ins Darmstädter Abwehrzentrum, wo der Pasinger zur Stelle war!
Ferdinand alias Ferdl Keller. Dieser wiederum befand sich in einer eigentlich aussichtslosen Position genau zwischen zwei Darmstädter Innenverteidigern, was ihn aber in keinster Weise daran hindern sollte, mit einem sagenhaften Kopfballtorpedo, im Hechtflug zwischen den ausgestreckten Verteidigerbeinen hindurch, zudem äußerst riskant, wuchtig und hoch, ins hessische Tor einzubomben. Ein TRAUMTOR!
… Für mich ist dieses 3:3 gegen D 98, zufälligerweise oder doch gezielt in Minute Sechzig erzielt, das Tor aller Löwentore, beinhaltet es doch alles, woran wir Fans in unseren kühnsten Träumen so sehnsüchtig denken:
Strukturierter, zielstrebiger und diagonaler Spielaufbau. Passgenauigkeit. Direktspiel. Technische Finesse. Gier aufs Toreschießen. Kaltblütigkeit im Abschluss inklusive einer Grundportion an Risikobereitschaft und Löwenmut.
In meinem ersten Livespiel im ungeliebten Olympiastadion fiel ein Tor, das 18 000 vom Plastikhocker haute und innerhalb von vielleicht zwei Sekunden zwischen Ausgangspass, Flanke und Torabschluss einem schmerzvoll vor Augen hielt, wie schön Löwenfußball eigentlich sein könnte …
Es war der schönste von 26 Treffern des Ferdl Keller, dem Torschützenkönig der Regionalliga Süd 1972/73.“
Leider gibt es von Ferdl Kellers Wahnsinnstor nur einen vergilbten Merkur-Ausschnitt!